Die Geschichte der Härri-Familien ist eng mit ihren Heimatorten Birrwil und Othmarsingen und den regionalen, nationalen und weltpolitischen Ereignissen verknüpft. Dieser geschichtliche Überblick ab 1500 veranschaulicht, in welchem Umfeld die Familien lebten.
Epoche:
- Teil 1: Alte Eidgenossenschaft (bis 1528)
- Teil 2: Reformation und Gegenreformation (1528 – 1689)
- Teil 3: Aufklärung (1700 – 1791)
- Teil 4: Französische Revolution und Helvetik (1797 – 1803)
- Teil 5: Restauration und Industrialisierung (1803 – 1852)
- Teil 6: Kulturkampf und Ausbau der Demokratie (1850 – 1912)
- Teil 7: Erster und Zweiter Weltkrieg (1914 – 1945)
- Teil 8: Wohlstandsgesellschaft und Globalisierung (1950 – heute)
1700 – 1791
Zeitalter der Aufklärung
Die Aufklärung ist gekennzeichnet vom Aufstieg des Bürgertums und vom Niedergang des Adels, der im 18. Jahrhundert als rücksichtslos und gleichgültig galt. Das Bürgertum wird in der Aufklärung gebildeter und vermögender. Seine Moralauffassung stellt sich der Haltung des Adels entgegen. Das Bürgertum stellt das Wohl der Gesellschaft über das Wohl einzelner Privilegierter. Die Bildung wird zu seinem wichtigsten Ideal. Geistes- und Naturwissenschaften entwickeln sich stark.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war der Berner Aargau die am stärksten industrialisierte Gegend der Schweiz. Das Zeitalter der Aufklärung endet mit der Französischen Revolution.
1701
Neuer Kalender im Berner Aargau
Ab 1701 richten sich die ersten reformierten Kantone in der Schweiz neu nach dem 1582 eingeführten gregorianischen Kalender, so auch der Berner Aargau.
1709
Familie Graviseth übernimmt wieder die Herrschaft Liebegg
Susanna, die Wittwe des 1698 verstorbenen Johann Friedrich von Breitenlandenberg, übergibt die Herrschaft Liebegg ihrem Schwager Johann Friedrich Graviseth und erhält dafür das vordere Schloss Hallwil und den Brestenberg. Noch mehrmals sind sie und ihr Sohn Birrwiler Kindern Taufpaten.
1712
Zweiter Villmerger Krieg (Toggenburgerkrieg)
Zweiter Villmerger Krieg ([wiki]Toggenburgerkrieg[/wiki]) mit Sieg der reformierten Orte Bern und Zürich, rund 4’000 Tote. Othmarsingen wird von durchziehenden Truppen verwüstet.
1720
Baumwollgewerbe als Heimarbeit
Durch die Ausweitung des britischen Fernhandels dringt die [wiki title=»Baumwolle» section=»Verbreitung_der_Baumwolle_durch_den_europ.C3.A4ischen_Kolonialismus»]Baumwolle in die europäischen Märkte[/wiki]. Das Baumwollgewerbe als Heimarbeit breitet sich vom Glarnerland her im Mittelland aus. Später entwickelt sich daraus die Textilindustrie und verdrängt zunehmend Leinen und Hanf. Der Berner Aargau ist nun die am stärksten industrialisierte Gegend der Schweiz.
1727
Bern führt die Sterberegister-Pflicht auf dem Land ein
Bern führt 1727 das Sterberegister auf dem Lande als Pflicht ein.
ab 1743
Allmosenempfänger dürfen nicht mehr heiraten
Allmosenempfängern wird die Eheschliessung ab 1743 aus sozialpolitischen Gründen verweigert.
ab 1746
Berner Aargau: Personenregister werden vom Zivilstandsamt geführt
1746 geht im Berner Aargau die Verantwortung für die Führung der Personenregister von der Pfarrgemeinde ans Zivilstandsamt über.
1750
Rote Ruhr
Die Rote Ruhr ([wiki]Dysenterie[/wiki], meist tödlich verlaufende Darminfektionskrankheit) vom Spätsommer rafft über fünf Prozent der bernischen Bevölkerung dahin.
1750 – 1800
Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum
In Birrwil blüht das Baumwollgewerbe. Die Dreifelderwirtschaft wird durch die Fruchtfolge ersetzt. Der Kartoffelanbau beginnt sich durchzusetzen. Durch die Auflösung der Allmenden entsteht viel Weideland, was bis 1830 zu einer Zunahme der Viehzucht führt. Dies sorgt für eine nie zuvor gesehene Produktivitätssteigerung.
- Dreifelderwirtschaft (Historisches Lexikon der Schweiz)
- Fruchtwechselwirtschaft (Historisches Lexikon der Schweiz)
- Kartoffel (Historisches Lexikon der Schweiz)
Nach den von Bern angeordneten Volkszählungen des Pfarrers wohnten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auffallend viele Härri im Zopf (Ortsteil in Birrwil). In dieser Zeit treffen wir die ersten Vertreter dieses Geschlechts in Amt und Würden, nach 1800 dann recht häufig.
1751
Bern beschliesst die Aufhebung aller Steckhöfe
Bern beschliesst 1751 die Aufhebung sämtlicher Steckhöfe, da sich dort viele unkontrollierbare Fremde niedergelassen hatten. Die Steckhöfe Burg und Wilhof werden eigenständige Gemeinden.
1755
Erdbeben in der Schweiz
Nachdem am 1. November 1755 ein Erdbeben und den darauf folgenden Tsunami die portugiesische Stadt Lissabon fast vollständig zerstört und 30’000 bis 100’000 Tote fordert, lässt am 9. Dezember ein starkes Erdbeben mit Epizentrum im Oberwallis auch die Schweiz erzittern.
- [wiki title=»Erdbeben von Lissabon 1755″]Erdbeben von Lissabon 1755 (Wikipedia)[/wiki]
- Erdbeben (Historisches Lexikon der Schweiz)
1759 – 1762
Jakob Härri als Söldner in den Niederlanden
→Jakob Härri dient als Söldner in einem bernischen Regiment in den Niederlanden und desertiert zum Schluss. Die Niederlande wurden während dieser Zeit vom [wiki title=»Siebenjähriger Krieg»]Siebenjährigen Krieg[/wiki] verschont, der grosse Teile Europas erschütterte. Siehe auch Rudolf Härri (1778-1785).
1764
Erste Volkszählung im Kanton Bern
Die nach 1760 spürbaren Auswirkungen der Roten Ruhr-Epidemie – Mangel an Arbeitskräften und Wehrfähigen – wurden als Zeichen zunehmender Entvölkerung gedeutet. Sie veranlassten die Obrigkeit 1764 zur Durchführung der ersten Volkszählung.
Bern lässt durch die Pfarrer eine Volkszählung durchführen: Birrwil zählt einschliesslich des Wilhofes 108 Feuerstellen/Herde (Haushalte) bzw. 557 Personen. Hundert Jahre zuvor waren es noch die Hälfte. Othmarsingen zählt 531 Einwohner.
Die drohende Verarmung kann durch die Einführung des Baumwollgewerbes verhindert werden, welches die Landwirtschaft in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung überholt hat.
ab 1767
Postkutschen fahren durch Othmarsingen
Durch Othmarsingen verkehren ab 1767 Postkutschen auf der ausgebauten Heerstrasse Bern-Zürich.
1770 – 1771
Hungersjahre 1770 bis 1771
Hungersjahre, mitverursacht durch den Konjunktureinbruch in der Textilwirtschaft. In Birrwil beginnt man im kleinen Stil Kartoffeln anzubauen.
ab 1771
Frauen tragen Namen des Ehemannes
Frauen tragen ab nun vereinzelt den Namen des Ehemannes.
Beispiel: Barbara Härri, geb. Gloor.
1772
Herrschaft Liebegg im Besitz der Berner Familie von Diesbach
Durch die Heirat mit einer Graviseth-Tochter kommt die Herrschaft Liebegg 1772 in den Besitz der einflussreichen Patrizier-Familie von Diesbach aus Bern.
1776
Schweiz: Wohn- und Bewegungsfreiheit der Juden wird eingeschränkt
Sämtliche Juden der Schweiz dürfen ausschliesslich in den beiden Gemeinden Endingen und Lengnau leben und müssen sich nachts dort aufhalten.
1778 – 1785
Rudolf Härri als Söldner in den Niederlanden
→Rudolf Härri aus Birrwil dient als Söldner in einem bernischen Regiment in den Niederlanden, als dort Frieden herrschte und die Niederlande wieder zu Wohlstand kam. Siehe auch vorher Jakob Härri 1759-1762.
1791
Birrwiler Kirche erhält Rokoko-Stuckdecke
Die Birrwiler Kirche erhält eine Moosbruggersche Rokoko-Stuckdecke.
1796 – 1799
Wirtschaftsflaute
Wegen der Französischen Revolution stockt der Handel, vor allem in der Ost- und der Innerschweiz, wo er zu Hunger und Not führt.
1797 – 1798
Pocken wüten in Birrwil
In Birrwil führen die [wiki]Pocken[/wiki] zu 93 Toten, wovon die meisten Kleinkinder sind.